...ein satirischer Streifzug durch die Strafjustiz!
 

Ersttäter (2015)

Das Premierenprogramm feierte im Oktober 2015 in Wuppertal seine Uraufführung. Neben Einzelnummern eines Strafverteidigers, eines Strafrichters und einer Prozessveranstalterin findet sich als Herzstück des Programms ein gemeinsamer Auftritt der drei Mitglieder als Revisionsrichter. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen werden weder ausgeschlossen noch sind sie beabsichtigt oder gar unbeabsichtigt. 

 

Der Strafrichter

„Das „Gießkannen-Prinzip“ beim Verteilen von Geldauflagen funktioniert doch nicht, man muss Prioritäten setzen. Ich war immer mehr für ein Leuchtturmprojekt.  Das habe ich in der Zeit in Bad Hausen auch versucht. Praktisch alle meine Auflagen gingen in die Sportförderung. Sport ist so wichtig, nicht nur um gesund zu bleiben, auch um die Kinder und Jugendlichen von der Straße zu bekommen. Damit sie nicht auf die schiefe Bahn geraten. Damit sie merken, was es heißt, in einem Team eine wichtige Rolle zu übernehmen, einer für alle, alles für einen. Das ist gesellschaftlich ein ganz wichtiger Faktor, da werden Sie mir sicher Recht geben. Also gingen die ganzen Auflagen an den örtlichen FC, wo ich eine Zeit lang als Präsident ehrenamtlich tätig war. Wir haben im Laufe der Jahre dort auf der grünen Wiese – quasi aus dem Nichts – ein richtiges Prunkstück geschaffen, sie sollten unsere Kabinen sehen, den Saunabereich, die Geschäftsstelle. Da wird sicher manch ein Proficlub vor Neid erblassen.“

 

Der Strafverteidiger

„Wie kann es denn Spaß machen, wenn man da im Knast sitzt mit einem jugendlichen Intensivtotschläger, der nicht davon überzeugt ist, irgendetwas Verbotenes getan zu haben, und dem erklären muss, wie seine nächsten fünf oder zehn Jahre ablaufen werden – und der das gar nicht einsieht. Und dann wird der auch noch sauer, weil er das halt nicht gut findet. Und der hat nie gelernt sich artizukulieren. Weil kein anderer da ist, bin ich dann der Sündenbock, der Bote, der die schlechte Nachricht übermittelt. Bis jetzt bin zwar immer unverletzt aus dem Knast herausgekommen, toi toi toi, aber man weiß ja nie. Einige Male war ich wirklich heilfroh, unversehrt herausgekommen zu sein. Seitdem mache ich das auch nicht mehr. Der persönliche Kontakt wird auch überschätzt. Es gibt schließlich nichts, was ich dem nicht auch schriftlich mitteilen könnte.“

Der Prozessveranstalter

„In jedem Jahr finden in Deutschland unzählige hochinteressante Strafverfahren statt, die jedoch nicht im Fernsehen gezeigt werden dürfen. Ich möchte mich jetzt nicht dazu äußern, ob dies richtig oder falsch ist – Fakt ist: die Glotze bleibt aus, sogar das Internet, wenn man an Strafprozesse denkt. Wenn man also live miterleben möchte, was im Sitzungssaal abgeht, muss man vor Ort sein. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Und wenn man aber in Kiel wohnt und möchte den Fall des sadistischen Opernmörders aus Passau verfolgen, weil … ja weil man vielleicht Opernfan ist, dann steht man da. Was tun? Auf eigene Faust nach Passau reisen, das Gerichtsgebäude suchen, recherchieren, wann überhaupt verhandelt wird, eine geeignete Bleibe finden, und und und. Viel zu viel Aufwand, das Ergebnis ist: man bleibt in Kiel und liest – wenn man Glück hat – Zeitungsberichte über den Fall. Und nun kommen wir ins Spiel.“

 

Die Revisionsrichter

Richter A:      Warum haben eigentlich immer wir die ganze Arbeit? Die Herrschaften von den anderen Senaten scheinen nie da zu sein, wenn man sie braucht, die scheinen uns die ganze Arbeit machen zu lassen. Wart Ihr einmal beim Vorsitzenden des Siebten eingeladen? Der hat einen Garten hinterm Haus, mein lieber Mann. Eher einen Park. Bestimmt arbeitet der bei solch schönen Wetter stundenlang im Garten.

Richter C:      Nein, der hat jetzt doch einen Flüchtling, einen syrischen Professor für Biologie, der für ihn als Gärtner tätig ist.

Richter A:      Na wenn schon. Dann sitzt der halt auf der Terrasse mit einer Pina Colada und schaut dem bei der Arbeit zu. Das ist auch besser als hier zu schuften. Oder aber der Neue vom Neunten, der mit der Tätowierung hier am Hals, der immer mit der Harley zur Arbeit kommt, der macht – so wie ich das gehört habe – gar nichts, der liest nicht einmal die Akten, bei denen er Berichterstatter ist. Und das nicht nur im Notfall, wie bei uns, sondern ständig.